von München nach Sydney über Land und See
Sonntag, 10. Februar 2013
¶ sydney
Diese Stadt als Schlusspunkt der Reise zu wählen, war ungeschickt. Sydney ist keine Stadt, von der man leicht wieder loskommt. Ich sitze mit kurzer Hose und Flipflops in der Wiese oberhalb der Oper und beobachte die Segelyachten, wie sie unter der Harbourbridge hindurchkreuzen. Ich wäge ab, ob ich als nächstes zum Food Court downtown laufe um mir einen leckeren Wrap einzuwerfen, oder ob ich lieber zum Hafen runterschlendere und ein kühles Bier im dortigen Pub geniesse, oder ob ich einfach noch ein bisschen bleibe, die Augen schliesse und den Kakadus in den Bäumen hinter mir bei ihrer Konversation lausche. Schliesslich google ich das Wetter daheim: -10 Grad, anhaltender Schneefall, bis auf weiteres winterlich und kalt.
So schwer kann es doch nicht sein, mit gerade mal 46 Lebensjahren und ausbaufähigen Englischkenntnissen in Sydney einen Job zu finden. Ich könnte in eines dieser grosszügigen Penthäuser in Pottspoint ziehen mit Blick auf meine bescheidene 40ft-Yacht im Hafen...
Am nächsten Tag sitze ich im Flugzeug nach München.



Dienstag, 29. Januar 2013
¶ cairns
Crocodile Dundee ist ein Weichei. Jedenfalls im Vergleich zu den Gestalten, welchen man im Norden von Queensland so begegnet. Ok, die Gegend hier belegt mit ihrer Fauna die ersten zehn Plätze der giftigsten Schlangen und die ersten 18 Plätze der giftigsten Tiere dieser Erde. Und natürlich lauern in jedem Bach Krokodile. Das Leben in den australischen Regenwäldern ist also ordentlich gefährlich. Da hilft es schon, dass die genetischen Spuren der Urahnen, die einst als Gefangene der englischen Krone auf diese Insel abgeschoben wurden, noch deutlich wahrnehmbar sind. Sie heissen Scott und Bill, haben Goldzähne im Mund und Tattoos auf der Haut, trinken Bier und machen schmutzige Witze. Aber sie kommen in die Jahre, und die jüngeren Generationen interessieren sich mehr für Surfbretter und Billabonghosen als für Zuckerrohrfarmen. Manchmal tragen sie einen Lederhut mit Krokodilzähnen. Das wird Dundee freuen.



Montag, 21. Januar 2013
Myles ist 26 und kommt ursprünglich aus Chelsea. Er fährt den Tourbus und zeigt uns in den nächsten drei Tagen den Ayers Rock und andere bedeutende Steine im Outback. Wir, das sind 20 junge Leute aus Polen, Holland, England, Belgien und Korea und ein etwas betagter Teilnehmer aus Deutschland. Myles ist vor einem Jahr in Alice Springs hängengeblieben, nachdem kein Geld mehr aus dem Automaten kam. Jetzt ist er Tourguide. Mit einem Filzstift schreibt er wichtige Infos an die Windschutzscheibe. Als erstes wird Geld gesammelt, für den Alkohol. Ich muss ausrechnen, wieviele Paletten à 30 Dosen Bier gekauft werden sollen. Myles kocht am Abend und erfüllt die Erwartungen an die englische Küche. Wir übernachten in Swags - das sind spezielle australische Schlafsäcke mit integrierter Isomatte - im Wüstensand unter freiem Himmel. Es sind jede Menge Sterne am Himmel, selbst wenn man die doppelten abzieht, die sich aufgrund der geleerten Bierdosen dazugesellt haben. Am Morgen werden sorgfältig die Ameisen von allen Körperteilen entfernt, dann gibt es Instantkaffee und Toast.
Ich bin einfach zu alt für diesen Mist.